29.08. - museo de arte de lima... Freiheit unsrem Hinterteil!

Luise

Ich habe schon über einige Taxifahrten berichtet. Das scheint sich auch schon rumgesprochen zu haben, denn als wir aus der Wohnung treten und an der Straße ein Taxi rufen wollen... fahren sie alle an uns vorbei. Keiner hält an... vielleicht zehn Taxis später, Magda hält vehement die Hand raus, kurvt endlich einer viel zu schnell um die Kurve und hält mitten auf dem Zebrastreifen an.

„Mhm, das ist ´n schmieriger.“, meint Magda bloß. Wie im Clownsauto beginnt die Fahrt.

 

Hier ein paar Auszüge des Gesprächs:

Fahrer: „Wo kommt ihr her?“

Magda: „Deutschland.“

Fahrer: „Ah, Deutschland. Es gibt hier sehr viele Deutsche. - In allen Stadtteilen. - Ich kenne sie alle.“

 

Fahrer (zu Heda auf Magda zeigend): „Sie ist schön, oder?“

Magda (klopft Heda auf die Schulter): „Das ist übrigens meine Mutter.“

Fahrer (seine Augen werden größer): „Lüge!“

Alle lachen.

 

Fahrer: „Seit ihr vergeben?“

Magda: „Wir haben alle einen Freund. Heda ist sogar verheiratet.“

Fahrer: „Ihr solltet lieber einen Peruaner heiraten.“

Magda: „Mhm nee, die sind so klein.“

Fahrer: „Deutsche Männer sind wohl größer?“

Magda: „Ja.“

Fahrer: „Peruaner sind zwar klein, aber gut....“

Im Verlauf seiner Erzählung hoffen wir inständig, dass es immer noch um die Körpergröße geht...

Magda: „Hast du eine Frau?“

Fahrer: „Ja und einen Sohn... dreieinhalb Jahre... er heißt Rodrigo...“

Erst danach hört er auf von Peruanern zu schwärmen.

 

Fahrer: „Ich bin auch groß.“

Magda: „Ja?“

Fahrer: „1,75 m“

Magda: „Oh ja, dass ist schon groß... für nen Peruaner.“

Fahrer: „Auch groß in Deutschland?“

Magda: „Naja, eher so Mittel. Heda ist 1,87.“

Der Fahrer macht wieder große Augen.

Fahrer (zum gefühlt hundertsten mal) : „Ich warte am Museum auf euch, dann fahr ich euch noch weiter.“

Magda: „Nein, nein. Wir wollen dann laufen.“

 

Irgendwann sind wir dann endlich am parque de la expocition und steigen aus.

„Passt auf euch auf!“, ruft er noch.

Das ist wieder mal eine Situation, in der jeder von uns froh ist, nicht allein unterwegs zu sein...

 

Unser heutiges Ziel ist das museo de arte de lima. Die dort ansässige Dauerausstellung zeigt uns den Kulturhistorischen Verlauf Perus. Von den Inka, mit ihren ausgefeilten Knotensystem zur Nachrichtenübermittlung und der aufwendigen Stickerei auf verschiedenen Strickwaren, über Plakatkunst aus den 20ern bis hin zur Zeitgenössischen Kunst. Die Kunst der Kolonialzeit schauen wir uns an, aber erst wenn die Räume dunkler und akklimatisiert kühl werden, schlägt unser Herz höher. Gerade die archaische Kunst beinhaltet so viele Textilien. Für die geometrischen Gestaltungselemente gibt es verschiedene Bedeutungen: Das bekannte stufenförmige Dreieck scheint ein Symbol für die Wellen, die Macht des Meeres zu sein, kann aber auch Thron bedeuten. In Verbindung mit Spiralen, spricht man eher von Bergen, von denen das lebensspendende Wasser herunter fließt.

Der Wachmann muss uns sogar freundlich zurückpfeifen, als wir halb auf der Glasablage liegen, um das bestickte Tuch zu betrachten.

Ein besonderes Schmankerl ist die Ausstellung NASCA... über - wer glaubt´s- die Nasca-Kultur. Den meisten wird die riesige Ameisenzeichnung oder die Kringel in der Wüstenlandschaft bekannt sein. Besonders faszinierend aber sind die Trockenmumien. Mit ihren länglichen Hinterköpfen, galten sie als der Beweis für die Alientheorie... Tatsächlich war ein langgezogener, deformierter Kopf das Schönheitsideal. Schon Kinder bekamen Bretter an den Kopf gebunden, um dem Trend zu entsprechen... Aufgrund der großen Hitze im Nasca Gebiet mumifizieren die Leichen schnell in ihren Schichten aus Laken und Tüchern... und was für Tücher! Schaut euch einfach die Bilder an! Die gestickten Muster erzählen ganze Geschichten. Für einen Tag war das unglaublich viel Input an Inspiration.

Ein triviales Erlebnis ist auch der Toilettengang: Peruaner wischen ja den lieben langen Tag ihre Fußböden und Gehwege. Ich verschwinde also in der Kabine, lege meine Tomb Raider-Suvival-Hüfttasche auf den Mülleimer, als mir die Spiegelung in die Nachbarkabinen auffällt. Ich habe in diesem Moment Einblicke Leute! Es gibt auch keinen Winkel in dem nichts sichtbar ist... und wenn ich die anderen sehen kann, können mich die auch sehen!... Dann fällt mir wieder ein, dass ich in Peru bin... spielt also keine Rolle... Die anderen warne ich vor, aber wenn die Blase drückt ist eh alles egal. Man fühlt sich dem Land auch gleich verbundener, wenn man seinen weißen Hintern den Einheimischen präsentiert... das stand ja eh auf meiner Peru-to-Do-Liste...

 

Den späten Nachmittag verbringen wir am Pazifik. Es ist kalt und düster. Nur einige Surfer nutzen die stürmische See für einen Wellenritt. Verliebte Pärchen machen Selfies mit brechenden Wellen im Hintergrund. Ein Hobbyfotograf leitet sein vollbusiges Model an, im Titanic-Style (im dunkelgrünen Rollkragenpullover und Turnschuhen, die Arme von sich gestreckt) zu posieren. Niemanden scheint aufgefallen zu sein, dass jemand zwischen die Felsen gekackt hat.

 

Daheim erwartet uns eine durch das Wohnzimmer gespannte Wäscheleine mit klammen Klamotten. Es ist einfach viel zu kalt hier. Die hässlichen Synthetikklamotten machen sich ausnahmsweise mal bezahlt.

 

Es war ein anstrengender Tag mit Reizüberflutung und morgen geht’s weiter ins Textilmuseum von Lima.

 

Bleibt gespannt. Wir sind es auch.

Herzlichst

Luise

 

 

P.S.: Ich träume heute Nacht auf jeden Fall von unbekleideten Hinterteilen...