11.09. - Floßfahrt mit Hindernissen...

Luise

 

Völlig durchnässt und übel nach zwanzig Jahre altem Schaumstoff riechend, kehren wir zur Lodge zurück. Heda ist schon da und noch völlig verzaubert von ihrem Dschungeldickichtausflug. Nach einem üppigen Mittagessen und einer kalten Dusche (an den mannshohen Spiegel in der Duschkabine werde ich mich wohl nie gewöhnen können...) geht es weiter. Am Ufer steht wieder das längliche blaue Boot. Lucio, der kleine, dürre Mann mit dem breiten Backsteingrinsen, redet mich mit vielen Worten voll und kichert, weil er weiß, dass ich kein Spanisch spreche.

 

Wir überqueren den Rio Madre de dios und landen an einem Steinstrand. Wir sollen etwas schneller gehen, da die Sonne schon wieder am untergehen ist. In dem riesigen, dumpf beigefarbenen Bambuswald fühlt man sich, als stehe man in einer Zahnstocherschachtel. Der Lärm der Tierwelt erinnert an ein Büchsentrommelkonzert aus meiner Kindheit.

 

Auf den Pfaden der Mikadostadt begegnet mir ein äußerst merkwürdiges Insekt: Leuchtend blau gestreift, verwinkelt wie ein Schaukelpferd fliegt es an mir vorbei. Es ist mir nicht möglich das Tier mit der Kamera festzuhalten. Ich eile zu Clever und berichte aufgeregt von meiner Beobachtung.

 

"Was war das für ein Tier?!", beende ich meine lange Ausführung. Clever, überfordert von meiner Wortgewalt, schaut mich kurz an und spult dann einen seiner Regenwald-Biotop-Standartsätze ab. Jetzt ärgere ich mich, dass ich kein Spanisch spreche. Ich werde wohl nie erfahren, wie das Alice-im-Wunderland-Wesen heißt.

 



 

Wir erreichen lichtere Gefilde, gehen über eine schmale Brücke und erreichen einen befestigten Weg übersät mit farbigen Blütenblättern... und um dem Kitsch noch das Krönchen aufzusetzen, liegt unweit entfernt ein kleiner See mit Anlegestelle. Und wiedermal sitzt ein einzelner Mann auf einem Plastikstuhl in Mitten der vermeintlichen Pampa und verkauft uns Boottickets. Das Wasser wirkt idyllisch. Wie ein schwarzer Spiegel reflektiert es Berge aus Blättern und Bäumen. Schmetterlinge und Aras fliegen über uns hinweg. Dann ertönt ein Fauchen. Unsere Blicke wandern zum anderen Ufer. Auf langen, horizontal drapierten Holzstäben sitzt ein einziger Vogel. Wieder faucht dieser schwerfällig. José steckt die Tickets ein und erzählt freudig im Oberlehrerton etwas über dieses Ungetüm. Mit braunbunter Federpracht und leicht untersetztem Körperbau, wirkt dieser Hoatzin irgendwie urig. Bald gesellen sich noch weitere Artgenossen dazu und beschweren sich gegenseitig über die Anwesenheit des anderen.

 

José, Swantje und Magda besteigen den ersten Kahn und werden von Lucio über das Wasser geschippert. Mit kraftvollen Bewegungen stößt der erfahrene Bootsführer einen langen Stab in das Wasser und drückt so das Floß nach vorn. Der Rest setzt sich auf die Bänke des zweiten Gefährts. - Darf ich vorstellen: Das Gewinnerteam in Sachen Masse-Kraft Verhältnis. Auf der Balastseite: Die beiden Hünen Heda und Fabi (Spezialkraft: Beide höher als der Wasserspiegel) und Luise (Spezialkraft: Barocker Arsch kann als Wasserboje dienen.). Auf der Antriebsseite: Clever (Superkraft: Macht das heute zum ersten Mal... ist also noch guter Dinge.) Ich kann mir ein kichern nicht verkneifen, als der Spargeltarzan uns vom Ufer weg schiebt. Wir fahren direkt an den Hoatzins vorbei. Die Tiere sehen wie Drachenvögel aus. In einem Baum am Wasser ist das Fauchen und Grunzen besonders laut und zwischen den Ästen lassen sich drei kleine staubgraue Federpüschel erkennen. Das erwartete "Or, ist das süüüüß!" bleibt diesmal aus. Ich habe noch nie ein Tier und und seine Jungen gesehen, die weiter vom Begriff "niedlich" entfernt waren. Mit seinen stechenden, blau umrandeten Augen starrt uns das Muttertier an.

 

Wir schippern weiter zwischen den Sumpfpflanzen hindurch. Lucio schaut immer wieder nach uns. Ich filme die Silhouetten der Vogelnester entgegen die untergehende Sonne, als mir das Schilf zart um die Beine streicht. Immer mehr driftet unser Kahn zwischen die Fauna. Clever versucht gegenzusteuern, aber einen Rückwärtsgang gibt es nicht. Die erste Gruppe ist schon einige Meter weiter. Da ruft José: "Look! Look!" Magda und Swantje stehen auf, balancieren sich aus und schauen angespannt zwischen den Wasserpflanzen nach der Ungewöhnlichkeit. Genauso angespannt rudert Clever vergebens mit dem Stab im Wasser. Auch ich stehe auf, um etwas sehen zu können, aber vergebens.

 

"Ein Krokodil! Ein Krokodil!", schreit Magda.

 



 

Fortsetzung folgt....

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