07.09. - Privat Führung und akrobatische Männer... ein Glückstag in Cusco

Luise

Nach dem anstrengenden Ausflug nach Aguas Calientes und Machu Picchu genießen wir die Nacht mit dem Wissen, am nächsten Tag keinen Termin oder feste Abfahrtszeit wahrnehmen zu müssen. Trotzdem geht es aber halb neun los. Wir wollen in ein Museum über Heilkräuter und Schamanismus besuchen. Unterwegs halten wir an einem winzigen Obstladen-Café und füllen uns die Bäuche mit Fruchtsäften und Kaffee. Keiner bekommt die riesigen Pötte leer. Außer Heda: „Da kann die mal sehen, was tschechische Frauen an Kaffee vertragen.“ Bevor wir gehen, macht Heda der Bedienung noch klar, wie gut es ihr geschmeckt hat und schenkt ihr noch eine Kleinigkeit. (Na, wer macht denn da seinen Rucksack allmählich leer, damit da mehr Alpaka reinpasst?)

 

Wir machen uns weiter auf den weg, biegen um eine Ecke und stehen vor Apukuntur. Vor wenigen Tagen waren wir hier zur Firmenbesichtigung gewesen. Heda kribbelt es schon in den Fingern: Sie will klopfen und nach Wollresten fragen. Gerade bittet sie Magda, für sie zu übersetzen, als die Tür auf geht und die zwei Chefs heraustreten wollen. Erst verstehen sie nicht genau, was wir wollen, bitten uns freundlicher Weise aber trotzdem herein. Heda folgt der Aufforderung und kommt mit zwei Tüten bunter Fädenrester wieder heraus. Glücklich rennt sie voran.

Zur Fuß von unserer Unterkunft zum Museum ist es knapp eine Stunde. Wir laufen an großen Straßen entlang. Hunde fressen aus den Müllbeuteln, die die Anwohner über Nacht hinaus gestellt haben. Wenn auch nicht so stark wie in Lima, stinkt es hier doch wahrnehmbar nach Abgasen. Die Sonne hat die Straßen noch nicht aufgeheizt. Es fröstelt uns also noch ein wenig... bis die ersten Steigungen und Treppen uns schwitzen lassen. Wir befinden uns gerade auf einer Anhöhe, schlängeln uns an Passanten vorbei und schauen die Mauer hinab zwischen die Wohnhäuser, als wir einen kleinen Markt entdecken. Frauen sitzen auf dem Boden und verkaufen eine Handvoll ihrer Ernte. Von einer Verkäuferin mit einem größeren Obststand, werden wir mit Kostproben gelockt. Die Finger verklebt von Physalis und Chirimoya verlassen wir den Markt, nicht ohne etwas Obst für das Abendbrot mitgenommen zu haben. Es zieht uns weiter durch die Straßen und wir treffen auf verschiedenste Trachtenläden. Wir betreten einen und lassen uns die verschiedenen Verzierungen und Kleidungsstücke erklären. Heda ist ganz hingerissen von der Bekleidung der Urubamba-Frauen. Schlichter als die Cusco-Tracht, wirkt Heda in dieser Kluft schon beinahe bescheiden. :)

 

Endlich im historischen Stadtkern Cuscos angekommen, suchen wir uns dumm und dämlich nach diesem Museum. Erst auf Nachfrage erfahren wir, dass dieses ominöse Museum seit sieben Jahren nicht mehr existiert... so viel zum Thema aktuelle Reiseführer...

Heda und ich machen uns zu zweit auf den Weg zu einem anderen Museum, was ich unterwegs gesehen habe. In einem kleinen Hof entdecken wir einen Inka-Indidaner in voller Montur. Hedas Augen leuchten. Auf einem kleinen Schild ist zu lesen, dass er für „alte Kulturen“ sammelt. Heda erzählt mir, dass sie schon von einem Theaterverein gelesen hat, der sich um die Aufrechterhaltung der alten Bräuche kümmert. Beim Vorbeigehen fragt er Heda: „Möchtest du eine Inkaprinzessin sein?“ und deutet auf den Thron neben ihm und einige Kostüme, die man sich anziehen könnte. Heda schüttelt den Kopf: „Ich will lieber ein Bild von dir.“ Da baut sich der Inka-Mann in heroischer Pose auf und Heda knippst.

„Das ist echter Schauspieler. Der weiß wie man sich hinstellen muss, für gutes Foto.“

Wir werfen Geld in die goldene Vase.

„Kommt morgen vorbei, da mache ich ein richtiges Inka-Ritual.“

 

Das Museo Quechua stellt sich als winziges Museum heraus. Überfreundlich werden wir gefragt, ob wir unsere Rucksäcke abstellen wollen. Als ich dann mein Skizzenbuch herausziehe, ist der Mann ganz interessiert. Auch Heda zeigt ihm ihr Skizzenbuch. Beim Anblick der eingeklebten Pflänzchen führt er uns gleich zum ersten Tisch und zeigt uns, mit welchen Pflanzen man so färben kann. Wir schreiben eifrig mit. Mit einem Winken meint er noch: „Nehmt euch etwas für eure Skizzenbücher mit.“ Ich meine nur zu Heda: „Siehst du, es war doch für was gut, dass du deinen Rucksack auf Machu Picchu verloren hast. So ein Opfer stimmt den großen Inka Gott gnädig.“ Heda lacht, aber im laufe des Tages sollte ich noch recht behalten. :) Das Museum beherbergt auch eine riesige Gipsstatue. Eine Frau und ein Mann umschlungen von einem Schlangenkörper an dessen einem Ende ein Pumakopf uns entgegen faucht und am anderen Ende ein Lamakopf nach oben schaut. Der Angestellte erzählt uns einiges über Pachamama, der Mutter Welt, der allmächtigen Göttin, die auch heute noch in vielen Teilen Südamerikas verehrt wird. Ihr werden die Opfergaben zu teil, die man an einigen Ständen auf den Märkten kaufen kann. Heutzutage hat sich das auch schon mit dem Marienkult vermischt wie man ihn aus katholischen Ländern kennt. Wir sind beeindruckt und erreichen den … Museumsshop. Der ist größer als das eigentliche Museum. Und jetzt verstehen wir auch, warum an den Exponaten Preisschilder hängen. Im letzten Raum sitzt sogar eine Frau an einem der traditionellen Webvorrichtungen. Es wirkt etwas aufgesetzt, aber dennoch hole ich mir die Erlaubnis ein, sie beim Handwerk zu filmen. Die Alten auf den Märkten sind ja etwas Kamerascheu, wie wir schon feststellen durften...

 

Im museo inka treffen wir auch wieder die anderen. Foto und Video sind dort nicht erlaubt, also nehme ich das Skizzenbuch wieder mit. Die Ausstellung beinhaltet mehr Keramik als Textil, aber aus den Verzierungen und Bemalungen die ich abzeichne, lassen sich schon wieder viele Geschichten erzählen. Es gibt sogar Mumien und wieder schlägt mein Herz höher, als ich groteske Bündel Mensch durch die Glasscheibe betrachten darf... es gibt einfach so unterschiedliche Arten mit dem Tod umzugehen und ihn zu zelebrieren. Das Inka Museum schafft einen guten Überblick über die verschiedenen Stämme aus präkolonialistischer Zeit, kann aber nicht mit den großen Museen Limas mithalten.

 

Wir sind kaum durch alle Hallen gewandelt, da hören wir von draußen infernalische Musik und als wir die Straße zum plaza de armas hinabstürzen, erblicken wir einen Umzug. Hunderte Menschen stehen vor der Catedral Basílica de la Virgen de la Asunción. Mit Statuen und Bilder der heiligen Maria voran, präsentieren sich die verschiedenen Gilden. Jede mit eigenem Blasorchester und Tänzern. Die Frauen tragen jeweils einfarbige Kleider mit Perlen besticken Tüchern und wallenden Röcken. Die Männer mit Glockenstiefeln, Guerreros genannt, springen in Formation zum Takt der Musik und wirbeln ihre bunten Hüte herum, um so den Kampf zwischen Gut und Böse zu unterstützen.

 

Hedas Opfer hat sich definitiv gelohnt.... mal sehen, was uns sonst noch so abhanden kommt und uns auf andere Weise wieder geschenkt wird.

 

Morgen bereiten wir uns auf Amazonien vor... danach geht es für vier Tage in den Urwald.

 

Bleibt gespannt. Wir sind es auch.

Herzlichst

Luise